Die chinesische Schrift

Die älteste Schrift der Welt?

Die ältesten bekannten Schriftdokumente, die man in China gefunden hat, sind an die 3.000 Jahre alt. Zu dieser Zeit bestand diese Art der schriftlichen Kommunikation im Wesentlichen aus Bildzeichen. Man hat aus der Zeit der Shang-Dynastie (1500 bis 950 v. Chr.) Orakelknochen gefunden, in die Bild- und Schriftzeichen eingeritzt wurden.

Diese Bildzeichen wurden im Laufe der Zeit abstrahiert, verändert und weiterentwickelt zu dem, was Sie in diesem Artikel als die chinesische Schrift kennenlernen werden.

Ein chinesisches Schriftzeichen besteht aus mehreren Radikalen

Wenn Sie sich ein chinesisches Schriftzeichen einmal genauer anschauen, werden Sie bemerken, dass jedes Zeichen aus mehreren (Einzel-)Strichen aufgebaut ist. Diese Einzelstriche nennt man Radikale.

Die einzelnen Radikale eines Schriftzeichens werden immer in einer bestimmten Reihenfolge zu einem Gesamtzeichen zusammengesetzt. Wenn Sie beginnen Chinesisch zu lernen, dürfen Sie deshalb auf keinen Fall dem Irrtum aufsitzen, Sie bräuchten die Schriftzeichen nur „nachzumalen“, um Chinesisch schreiben zu können.

Wie schreibt man chinesische Schriftzeichen?

Ganz allgemein sollte man sich ein Schriftzeichen immer innerhalb eines gedachten Quadrates vorstellen. So lassen sich die Längen und Lagen der Radikale viel besser lernen.

Zum Schreiben der chinesischen Zeichen gibt es zunächst drei einfache Regeln:

  • Horizontale Radikale werden von links nach rechts geschrieben.
    Übungszeichen: 一, 二, 三, 手
  • Vertikale Radikale werden von oben nach unten geschrieben.
    Übungszeichen: 血, 刀
  • Zeichen, die die Form eine „Kästchens“ haben, werden in drei Ansätzen geschrieben:
    1. Als erstes setzt man einen Strich von links oben nach links unten.
    2. Dann schreibt man von links oben nach rechts oben das nächste horizontale Radikal und schreibt gleich weiter (ohne den Stift vom Papier zu nehmen) den nächsten Strich von rechts oben nach rechts unten.
    3. Als letztes verschließt man das Kästchen mit seiner „Bodenplatte“. Auch diesen Strick schreibt man von links unten nach rechts unten, da es sich wieder um ein horizontales Radikal handelt. Und die erste Regel besagt, dass man horizontale Radikale immer von links nach rechts schreiben muss.
    Übungszeichen: 中, 国, 面, 回, 电

Nun haben Sie die drei Grundregeln gelernt. Weitere wichtige Regeln sind:

  • Komplexe Zeichen werden von oben links nach unten rechts geschrieben.
    Übungszeichen: 尽, 女, 汽
  • Komplexe Zeichen werden von Außen nach Innen geschrieben.
    Übungszeichen: 国, 百, 回
  • Wenn sich zwei Radikale kreuzen, dann wird zuerst das horizontale und dann das vertikale Radikal geschrieben.
    Übungszeichen: 十, 来, 牛
  • Bei symmetrischen Zeichen wird zuerst das Radikal in der Mitte geschrieben, dann werden die „Flügel“ links und rechts gesetzt.
    Übungszeichen: 火, 个, 出
  • Bei „ausschlagenden“ Radikalen schreibt man zuerst die Seite, die nach links ausschlägt und dann die Seite, die nach rechts ausschlägt.
    Übungszeichen: 人, 天, 大, 父
  • Ein „Kästchen“ wird immer dann erst unten geschlossen (mit einem Strich von links nach rechts), wenn sein Inneres gefüllt ist.
    Übungszeichen: 回, 西, 四

Reform der Schriftzeichen in den 1950ern

Mitte der 1950er Jahre fand in der Volksrepublik China eine Reform der Schrift statt.

Vor der Reform waren viele Zeichen sehr aufwendig und kompliziert zu schreiben. Nicht ohne Grund nennt man diese Zeichen Langzeichen.

Im Zuge der Reform wurden sie zu den sogenannten Kurzzeichen vereinfacht. Diese Vereinfachung brachte zwar den Vorteil, dass sich die Kurzzeichen nun (auch im Hinblick auf ihre elektronische Verarbeitung) leichter schreiben lassen konnten. Der Nachteil war allerdings, dass man die vereinfachten Zeichen nun leichter verwechseln und so schwieriger lesen konnte.

Die zweite große Neuerung, die die Reform brachte, war eine Anpassung der Schreibrichtung an westliches Schreiben. Seither wird häufig nicht mehr von oben nach unten geschrieben, sondern von links nach rechts.

Pinyin – Chinesisch in lateinischen Buchstaben

Jedes Schulkind in China lernt aber nicht nur die Zeichen lesen und schreiben; es lernt auch eine Umschreibung der chinesischen Schriftzeichen im lateinischen Alphabet. Diese Umschreibung heißt Pinyin.

Pinyin oder auch 漢語拼音方案 ist die offizielle Umschreibung des Chinesischen und seit 1957 in Gebrauch. In der Regel werden auch die fünf Töne des Chinesischen in Pinyin mitnotiert, so dass die Aussprache leichter fällt. Lesen Sie hier einige Beispiele für Schriftzeichen und ihre Romanisierung:

Beispiele für Schriftzeichen und ihre Umschreibung in Pinyin

SchriftzeichenPinyinDeutsch
eins
èrzwei
sāndrei
男人nán rénMann
女人n ǚ rénFrau
小孩xiǎo háiKind

Lernen mit einem chinesischen Wörterbuch

Im Chinesischen gibt es kein Alphabet, das Sie so lernen könnten, wie Sie das aus anderen Sprachen gewohnt sind. Wie aber arbeiten Sie dann mit einem chinesischen Wörterbuch?

In chinesischen Wörterbüchern sind die Schriftzeichen nach Radikalen gruppiert und angeordnet.

In einem Wörterbuch lassen sich im Durchschnitt 10.000 Zeichen finden. Jedes dieser Zeichen hat eine oder mehrere Bedeutungen. Diese einzelnen Zeichen setzen sich wiederum zu Wörtern zusammen. Das Chinesische kennt aber auch Wörter, die nur aus einem Zeichen bestehen. Viele Wörter werden aus zwei Zeichen gebildet.

In der jüngsten Vergangenheit lässt sich ein Trend zu immer längeren Wörtern feststellen, die aus immer mehr Zeichen zusammengesetzt werden.

Wie viele Schriftzeichen muss ich lernen?

Das umfangreichste Wörterbuch in China listet rund 56.000 Schriftzeichen auf. Ein durchschnittliches Wörterbuch umfasst aber nur 10.000 Zeichen.

Keine Angst, Sie müssen nicht 10.000 einzelne Zeichen beherrschen, um sich in China orientieren und verständigen zu können.

Um eine Zeitung oder ein Buch lesen zu können, sollten Sie rund 3.000 Zeichen kennen und erkennen können.

Mit dem Wissen der 3.500 am häufigsten gebrauchten Zeichen werden Sie über 90 Prozent aller geschriebenen Texte verstehen können.

Autorin des Artikels: Christine Tettenhammer



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