Die ältesten bekannten Schriftdokumente, die man in China gefunden hat, sind an die 3.000 Jahre alt. Zu dieser Zeit bestand diese Art der schriftlichen Kommunikation im Wesentlichen aus Bildzeichen. Man hat aus der Zeit der Shang-Dynastie (1500 bis 950 v. Chr.) Orakelknochen gefunden, in die Bild- und Schriftzeichen eingeritzt wurden.
Diese Bildzeichen wurden im Laufe der Zeit abstrahiert, verändert und weiterentwickelt zu dem, was Sie in diesem Artikel als die chinesische Schrift kennenlernen werden.
Wenn Sie sich ein chinesisches Schriftzeichen einmal genauer anschauen, werden Sie bemerken, dass jedes Zeichen aus mehreren (Einzel-)Strichen aufgebaut ist. Diese Einzelstriche nennt man Radikale.
Die einzelnen Radikale eines Schriftzeichens werden immer in einer bestimmten Reihenfolge zu einem Gesamtzeichen zusammengesetzt. Wenn Sie beginnen Chinesisch zu lernen, dürfen Sie deshalb auf keinen Fall dem Irrtum aufsitzen, Sie bräuchten die Schriftzeichen nur „nachzumalen“, um Chinesisch schreiben zu können.
Ganz allgemein sollte man sich ein Schriftzeichen immer innerhalb eines gedachten Quadrates vorstellen. So lassen sich die Längen und Lagen der Radikale viel besser lernen.
Zum Schreiben der chinesischen Zeichen gibt es zunächst drei einfache Regeln:
Nun haben Sie die drei Grundregeln gelernt. Weitere wichtige Regeln sind:
Mitte der 1950er Jahre fand in der Volksrepublik China eine Reform der Schrift statt.
Vor der Reform waren viele Zeichen sehr aufwendig und kompliziert zu schreiben. Nicht ohne Grund nennt man diese Zeichen Langzeichen.
Im Zuge der Reform wurden sie zu den sogenannten Kurzzeichen vereinfacht. Diese Vereinfachung brachte zwar den Vorteil, dass sich die Kurzzeichen nun (auch im Hinblick auf ihre elektronische Verarbeitung) leichter schreiben lassen konnten. Der Nachteil war allerdings, dass man die vereinfachten Zeichen nun leichter verwechseln und so schwieriger lesen konnte.
Die zweite große Neuerung, die die Reform brachte, war eine Anpassung der Schreibrichtung an westliches Schreiben. Seither wird häufig nicht mehr von oben nach unten geschrieben, sondern von links nach rechts.
Jedes Schulkind in China lernt aber nicht nur die Zeichen lesen und schreiben; es lernt auch eine Umschreibung der chinesischen Schriftzeichen im lateinischen Alphabet. Diese Umschreibung heißt Pinyin.
Pinyin oder auch 漢語拼音方案 ist die offizielle Umschreibung des Chinesischen und seit 1957 in Gebrauch. In der Regel werden auch die fünf Töne des Chinesischen in Pinyin mitnotiert, so dass die Aussprache leichter fällt. Lesen Sie hier einige Beispiele für Schriftzeichen und ihre Romanisierung:
Beispiele für Schriftzeichen und ihre Umschreibung in Pinyin
Schriftzeichen | Pinyin | Deutsch |
一 | yī | eins |
二 | èr | zwei |
三 | sān | drei |
男人 | nán rén | Mann |
女人 | n ǚ rén | Frau |
小孩 | xiǎo hái | Kind |
Im Chinesischen gibt es kein Alphabet, das Sie so lernen könnten, wie Sie das aus anderen Sprachen gewohnt sind. Wie aber arbeiten Sie dann mit einem chinesischen Wörterbuch?
In chinesischen Wörterbüchern sind die Schriftzeichen nach Radikalen gruppiert und angeordnet.
In einem Wörterbuch lassen sich im Durchschnitt 10.000 Zeichen finden. Jedes dieser Zeichen hat eine oder mehrere Bedeutungen. Diese einzelnen Zeichen setzen sich wiederum zu Wörtern zusammen. Das Chinesische kennt aber auch Wörter, die nur aus einem Zeichen bestehen. Viele Wörter werden aus zwei Zeichen gebildet.
In der jüngsten Vergangenheit lässt sich ein Trend zu immer längeren Wörtern feststellen, die aus immer mehr Zeichen zusammengesetzt werden.
Das umfangreichste Wörterbuch in China listet rund 56.000 Schriftzeichen auf. Ein durchschnittliches Wörterbuch umfasst aber nur 10.000 Zeichen.
Keine Angst, Sie müssen nicht 10.000 einzelne Zeichen beherrschen, um sich in China orientieren und verständigen zu können.
Um eine Zeitung oder ein Buch lesen zu können, sollten Sie rund 3.000 Zeichen kennen und erkennen können.
Mit dem Wissen der 3.500 am häufigsten gebrauchten Zeichen werden Sie über 90 Prozent aller geschriebenen Texte verstehen können.
Autorin des Artikels: Christine Tettenhammer